Sie sind hier : HTH-Startseite -> Übersicht Theorieseiten -> Die Clipping-Lüge

Die Clipping-Lüge

Der weitverbreitetste technische Nonsens ?


"Mit einer grösseren Endstufe wär Dir das nicht passiert !" ...

Solche oder ähnliche Ratschläge werden oft gegeben, wenn jemand nach einem Lautsprecherdefekt die Frage nach dem "Warum ?" stellt.
Evtl. mal als Umsatzförderung von einem Verstärkerverkäufer in die Welt gesetzt, wird diese Behauptung heute vor allem in Foren als vermeintlich besonders intelligentes "Wissen" weitergegeben und ist seit Jahren nicht totzukriegen. Dabei ist sie doch durch einfaches logisches Denken zu widerlegen !



Fakten : Was versteht man unter Clipping ?
Als Clipping bezeichnet man die Phänomene, die entstehen, wenn ein Verstärker im übersteuerten Bereich betrieben wird. Dann kann ein Verstärker nicht mehr das Eingangssignal um einen konstanten Faktor verstärkt am Ausgang abbilden, sondern muss die grössten Spitzen "abschneiden", was im Frequenzbereich Auswirkungen hat.


Konsequenzen : Was kann ich daraus schliessen ?
  1. Jeder Verstärker clippt.
    Ein grosser erst ab einer grossen Leistung, dann aber mit entsprechend grossen Störprodukten.
    Ein kleiner schon ab einer kleinen Leistung, dann aber auch nur mit kleinen Störprodukten.

  2. Für die Folgen ist es auch egal, ob das Clipping in der Endstufe entstanden ist oder in einem vorgeschalteten Mischpult oder Verzerrer für E-Gitarren und dann von einem nicht-clippenden Verstärker ausgegeben wird. Relevant ist nur, ob die im betroffenen Frequenzbereich vorhandene Leistungsdichte verkraftet wird.

  3. Durch Clipping entstandene Oberwellen können einen Mittel- oder Hochtöner killen, der ansonsten vom Originalsignal keinerlei Anteile abbekommen hätte.

  4. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist jedoch nicht sehr hoch, da die clippenden Oberwellen wesentlich geringere Leistungsintensität haben als eine mögliche Originalwelle bzw. das Musikspektrum in diesem Frequenzbereich. Das heisst, durch Clipping können nur Mittel- oder Hochtöner sterben, die auch ohne Clippen schnell sterben würden, da sie einfach für diesen Verstärker viel zu schwach dimensioniert sind !

  5. Ein Bass oder Breitbänder kann nie und nimmer durch Clipping kaputt gehen, denn das clippende Signal hat ja insgesamt weniger Leistung als es das nicht clippende Signal einer grösseren Endstufe hätte. Auch der Effekt der Oberwellen kann einen Bass höchstens ent- statt belasten, sofern die Oberwellen ausserhalb seines Übertragungsbereichs liegen.

  6. Wenn der Verstärker in den Clipping-Bereich kommt, dann noch ein Idiot am Regler steht, der trotz bereits hörbarer Verzerrungen noch weiter aufdreht, ergibt das dann rechteckförmige Signal die doppelte Verstärker-Nennleistung als Dauerleistung ab.
    Bei einem nicht-clippenden grösseren Verstärker ist die evtl. Überlastung nichtmal am verzerrten Signal hörbar und es braucht nichtmal mehr einen Idioten, um noch weiter aufzudrehen ...
    Um Sicherheit gegen Durchbrennen bei jeglicher Fehleinstellung zu haben, muss daher die Verstärkerleistung um mindestens Faktor 2 niedriger dimensioniert werden als die Lautsprecherbelastbarkeit !!!

  7. Durch Clipping entsteht auch nicht, wie oft behauptet, Gleichspannung. Die Spektralline der Gleichspannung mit Ordnung n=0 zeigt bei keiner Übersteuerung einen Ausschlag ! Die Geradenstücke eines verzerrten Signals stellen keine Gleichspannung dar, denn sie wechseln ja mit der Grundfrequenz die Polarität zwischen + und -, sind also Wechselspannung !
    Auch auf die Kühlung der Schwingspule haben die Geradenstücke keinen Einfluss : Denn die Membran bleibt ja hier nicht minutenlang stehen, sondern bläst jede Menge Luft mit Grundfrequenz zwischen zwei extremen Auslenkungen flatternd !

  8. Gleichspannung kann in diesem Zusammenhang nur so entstehen : Wenn die positive Limitierung anders begrenzt als die negative, also z.B. bei +51 Volt und bei -49 Volt anstatt symmetrisch bei +-50 Volt, dann ergibt sich daraus beim extremen Rechteck ein Mittelwert von +1 Volt Gleichspannung. Da selbst unsymmetrisch gewickelte Trafowicklungen je abwechselnd die Plus- und die Minus-Versorgung aufladen, ist dies unwahrscheinlich und auf jeden Fall klein gegenüber den Wechselspannungen am Ausgang. Solch kleine Leistungen schaden keinem Lautsprecher.

  9. Fast alle gestorbenen Lautsprecher (jetztmal abgesehen von den mechanisch z.B. durch zu viel Hub zerstörten, was aber eh nichts mit elektrischer Leistung zu tun hat) sind also nicht an Clipping kaputt gegangen, sondern schlicht an zu grosser elektrischer Leistung.
    Geholfen hätte also nicht eine grössere sondern eine kleinere Endstufe !

  10. Glauben Sie demjenigen, der Sie mit der Clipping-Behauptung in Foren o.ä. berät, nie wieder etwas ! Denn er hat sich dadurch geoutet als jemand, der gehörte Gerüchte und falsche Aussagen unreflektiert weitergibt, ohne mal darüber nachzudenken !



Abhilfe : Wie kann ich denn nun wirklich Sicherheit gegen Durchbrennen erreichen ?


© Copyright : HIGH-TECH-HIFI, Inh. T. Herget, Leipziger Str. 94, 36037 Fulda,
Tel./Fax/AB: 0661-9628197, www.hth-lautsprecher.de, hth-herget@web.de